06.03.2009
Ruhe kann auch eine Tat sein ...
Alle Jahre wieder nehme ich mir zum Beispiel im Advent oder zur Fastenzeit vor, diesmal DOCH zu etwas Ruhe zu kommen. Es muss gar nicht viel sein, nur eine Viertel- oder halbe Stunde wünsche ich mir zu Tagesbeginn. Wozu eigentlich? Um den Tag in Frieden zu beginnen, um mich zu erinnern, dass wir bald ein wichtiges Ereignis feiern: den Advent prägt die Erwartung von Weihnachten, die Fastenzeit ersehnt das Osterfest - und dieses feiern wir eigentlich auch unter der Woche bzw. mindestens jeden Sonntag; etwas, das eigentlich jeden Tag und immer gilt: Gott ist unter uns. Er hat das letzte Wort über alles.
Dieser Gedanke begleitet mich heute, während ich in der überfüllten S-Bahn ins Büro fahre: Auch hier ist Gott bei uns und trägt uns. Der Gedanke fällt mir wieder ein, als ich versunken an meinem Schreibtisch sitze und Texte korrigiere oder schreibe: Was immer ich tue, Gottes Güte trägt mich. Und als ich an eine Freundin denke, die gerade im Krankenhaus ist, gehen meine Gedanken zu ihr und kommt mir ein Stoßgebet in den Sinn: Begleite auch sie und segne ihre Gesundheit.
Die hat es eben gut!
Von meiner kurzen ruhigen Morgenzeit spreche ich normalerweise lieber nicht. Selbst wenn ich gern andere mit meiner Freude daran anstecken würde. Irgendwie gelingt mir das selten. Ich ernte dann manchmal eher so etwas, das wie Missfallen oder Unzufriedenheit bei mir ankommt.
Vielleicht hat es auch mit der Art zu tun, WIE ich davon erzähle, ich weiß es nicht. Jedenfalls gibt es dann zu hören: Na, du hast es gut, du hast ja auch nicht dies oder jenes zu tun wie ich, hast nicht diese oder jenen Aufgaben, Verpflichtungen, „ToDoS“, nicht x zu pflegen oder dich um y zu kümmern.
Aber wissen Sie das so genau? Und ist das überhaupt der springende Punkt? Dass zur Ruhe nur kommen könne, wer eben nicht genug Wichtiges zu tun hat?
Natürlich macht die Aufgabenfülle die Sache schwerer: Wenn mein Kalender so voll ist in diesen Tagen oder die Müdigkeit mich quält, erliege auch ich der Versuchung, lieber ein paar Minuten länger zu schlafen. Aber manchmal, ab und zu, klappt es mit der ruhigen Morgen-Viertelstunde und dann ist sie ein Geschenk – trotz vieler Termine, die darauf folgen. Oder gerade FÜR sie und die dann folgenden Begegnungen.
Für alle, die (wie mich) ein annähernd schlechtes Gewissen von der Ruhe abbringt („du müsstest doch statt dessen etwas tun!“), ist mir heute früh folgende Geschichte in die Hände gefallen. Sie stammt aus dem Buch „Gott finden im Alltag. Exerzitien zu Hause“ von Monika Hirschauer, Jan Sedivy und Günther Lohr (dort S. 21 f.; ich erzähle sie hier sinngemäß nach):
Der Regenmacher
Ein Dorf wird von einer Trockenperiode heimgesucht. Seit Wochen hat es nicht geregnet, nach und nach verdorrt alles. Da hört die Dorfgemeinschaft von einem weisen Mann, der angeblich „Regen machen“ kann. Man will nichts unversucht lassen, besucht ihn hoch in den Bergen und bittet ihn, doch ins Dorf im Tal zu kommen und dort für Regen zu sorgen. Der Mann hat Mitleid mit den Leuten und begleitet sie. Er sucht sich bei ihnen einen ruhigen Ort, eine leere Hütte, und lässt sich dort nieder.
Tatsächlich dauert es wenige Tage, und die ersten Wolken sind am Horizont zu sehen! Und nicht zu glauben, ein paar Tage später regnet es wirklich! „Wie hast du das nur gemacht?“, wollen die Dorfbewohner wissen. Der Mann erzählt es ihnen: „Ich habe mir bei Euch eine Hütte gesucht, mich bei Euch niedergelassen und hingesetzt. Ich brachte mich in Ordnung. Da kamt auch ihr mit Euch in Ordnung. Als ihr und die Menschen um euch herum wieder in Ordnung waren, da kamen auch die Pflanzen und Tiere in der Nähe wieder in Ordnung, und als die Natur wieder in Ordnung war, regnete es wieder.“
Ruhe als Tat
Diese Geschichte hat mich beeindruckt. Nicht, dass es mir um zu einfache Natur-Magie ginge oder um ein (mir oft zu plattes) „Alles-hängt-mit-allem-zusammen“. Nein, vieles hängt überhaupt nicht mit mir zusammen. Aber: MANCHES hat mit mir zu tun. Und vielleicht wirkt es tatsächlich irgendwie auf meine Umgebung, ob ich von Hektik getrieben bin oder ab und zu einer inneren Ruhe-Quelle begegnen darf.
Mit meiner morgendlichen Ruhe-Viertelstunde gönne ich vielleicht nicht nur mir etwas Gutes, sondern den anderen um mich herum ...