Vom Dunkel ins Licht - gesegnete Osterzeit!
Die folgende Lesung aus dem Römerbrief haben wir in der Osternacht gehört. Sie bringt auf den Punkt, warum das Osterfest für uns wirklich ein Grund zur Freude ist.
Wisst ihr denn nicht,
dass wir alle,
die wir auf Christus Jesus getauft wurden,
auf seinen Tod getauft worden sind?
Wir wurden mit ihm begraben
durch die Taufe auf den Tod;
und wie Christus
durch die Herrlichkeit des Vaters
von den Toten auferweckt wurde,
so sollen auch wir
als neue Menschen
leben.
Wenn wir nämlich ihm
gleich geworden sind in seinem Tod,
dann werden wir mit ihm auch
in seiner Auferstehung
vereinigt sein.
Wir wissen doch:
Unser alter Mensch
wurde mitgekreuzigt,
damit der von der Sünde beherrschte Leib
vernichtet werde
und wir nicht Sklaven der Sünde bleiben.
Denn wer gestorben ist,
der ist frei geworden
von der Sünde.
Sind wir nun mit Christus gestorben,
so glauben wir,
dass wir auch mit ihm leben werden.
Wir wissen,
dass Christus,
von den Toten auferweckt,
nicht mehr stirbt;
der Tod hat keine Macht mehr über ihn.
Paulus meint: Durch die Taufe sind wir hineingenommen in das Geschick Christi (V. 3-5) und befreit von der Macht des Todes und der Sünde (V. 10). Er begründet das mit dem Hinweis auf die Taufe auf den Tod Jesu Christi; durch das Untertauchen des Täuflings stirbt der „alte Mensch“ (V. 6).
Verständlich wird das Bild auch, wenn man von den sogenannten „Mysterienreligionen“ weiß, die im Römischen Reich des 1. Jahrhunderts sehr beliebt waren. Der Initiand (vgl. der Täufling) vollzog dabei in anschaulichen Riten (zuweilen auch mit Untertauchen in Wasser und Wiederauftauchen) das Geschick der Gottheit am eigenen Leib nach. Ähnlich wurde auch die Taufe in der Urkirche als ein komplettes Untertauchen vollzogen und der Täufling tauchte wieder auf zu neuem Leben.
Dies ist einer der Gründe, weshalb die Osternachtfeier in der Regel im Dunkeln beginnt und ins Helle hineinführt. Einige Gemeinden feiern daher auch heute noch zu Tagesanbruch Osternacht, so dass man in den anbrechenden Tag hineinfeiert: Die Auferstehung Jesu führt uns vom Dunkel ins Licht, vom Tod ins Leben.
Anders als beim Mysterienkult wird aber bei uns nicht nur ein mythisches Ereignis der fernen Urzeit in Erinnerung gerufen. Beim Bezug auf Tod und Auferweckung Christi geht es um ein Ereignis, das mit dem das Ende der Geschichte heraufzieht und das schon jetzt, hier und heute seinen Anfang hat; es geht um ein ganz neues Sein.
Paulus betont aber: Dieses neue „Sein“ ist kein Besitz, auf dem man sich ausruhen könnte, sondern wird nur wirklich in einem erfüllten Leben für Gott. Ohne die Praxis eines entschiedenen Lebensvollzuges verliert es seine Wirklichkeit: Weil „unser alter Mensch“ in Christus „mitgekreuzigt wurde“, sind wir auch schon aus den alten, uns versklavenden Strukturen der Sünde herausgelöst (V. 6). „Denn, wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde“ (V.7).
Das mag an einen juridischen Grundsatz erinnern, wonach ein Toter für seine Schuld nicht mehr haftbar zu machen und endgültig frei von ihr ist; ein Rechtsanspruch auf seine Bestrafung greift auf Erden nicht mehr. Ganz so ist es beim Getauften natürlich nicht: Es erübrigen sich nicht rundweg alle „Rechtsansprüche“, die aus seinem Vorleben noch ihm gegenüber bestehen könnten; aber: „Er ist von der Sünde (und ihrer Macht) frei geworden!“ (V.6). Sie beherrscht ihn nicht mehr.
Und noch unter einer anderen Hinsicht verliert die alte Macht des Todes nach Jesu Auferstehung ihre Bedeutung: Weil der Tod nicht mehr das letzte Wort hat, muss der Mensch von Irdischem auch nicht ALLES erwarten; die irdischen Mächte haben auch nicht das letzte Wort über unser Leben.
Pesch, Rudolf, Römerbrief, in: Die Neue Echter Bibel, Kommentar zum Neuen Testament mit der Einheitsübersetzung, Bd. 6, Würzburg, Echter-Verlag 1983.
Theobald, Michael, Römerbrief, Kapitel 1-11, Stuttgarter Kleiner Kommentar, Neues Testament Bd.6/2