Weißes und schwarzes Feuer

In der jüdischen Schriftauslegung ist davon die Rede, dass die Bibel in schwarzem und weißem Feuer geschrieben ist. Mit »schwarzem Feuer« werden die geschriebenen Worte bezeichnet. Das »weiße Feuer« sei der Raum zwischen den Worten und um die Worte herum. »Weißes Feuer« entspricht somit dem, was zwischen den Zeilen zu lesen ist.

Auch Literatur, die an Biblischem anknüpft, ist dem »weißen Feuer« auf der Spur. So zum Beispiel zwei Bücher, die ich in den Kartagen besonders gern zur Hand nehme:
Eric-Emmanuel Schmitt, Das Evangelium nach Pilatus, 2000
und
Luise Rinser, Mirjam, 1983.

Beide Bücher erleichtern es mir, mich mit allen Sinnen in die Texte des Evangelium hineinzuversetzen. Eric-Emmanuel Schmitt wagt im ersten Teil seines Buches sogar, die Lebensgeschichte Jesu aus Jesu eigener Perspektive zu erzählen. Der Roman »Mirjam« von Luise Rinser hingegen lässt die Sicht einer Jüngerin Jesu (Maria von Magdala) lebendig werden.

Theologischer Gewinn

Ob alles, was in den beiden Büchern wiedergegeben wird, mit wissenschaftlichen und historisch-kritischen Erkenntnissen vereinbar ist, das lasse ich dahingestellt.
Theologisch finde ich an beiden Werken gut, dass sie das Menschsein Jesu wirklich ernst nehmen. Jesus ist kein Übermensch mit Zauberfähigkeiten, sondern ein Mensch wie wir. Dass er gerade als solcher ein besonderes Verhältnis zu Gott, seinem Vater, hatte, das bringen beide Werke auf ihre Weise gut zum Ausdruck.

Spiritueller Gewinn

Nach der Lektüre fiel es mir außerdem auf einmal leichter (oder: gelang es mir anders als vorher), im Gebet mit Jesus »ins Gespräch zu kommen«, mich zu öffnen für das, was sein Wort bedeutet. Und Bücher, die so etwas erreichen, die sind auf jeden Fall empfehlenswert.

 





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